Fallvignette | Rechtsradikalität – Harald K.

Falldarstellung

Der Sozialpädagoge Harald K. arbeitet als Streetworker mit rechtsorientierten Jugendlichen im Vorort von Hannover. Nach anfänglichen Ablehnungen seitens der Jugendclique hat er seit ca. einem halben Jahr einen guten Kontakt zu allen Jugendlichen aufgebaut. Gegenüber den Jugendlichen musste er sich jedoch verpflichten, Gespräche nicht an Dritte weiterzugeben.

Durch Vermittlung des Sozialarbeiters erhalten die Jugendlichen die Möglichkeit, die Räume eines städtischen Jugendfreizeitheimes regelmäßig zu nutzen. Einige der Jugendlichen wurden von ihm in pädagogisch betreute Arbeitsstellen vermittelt. Mit den PädagogInnen der Arbeitsmaßnahme steht Harald K. in gutem Kontakt. Von dort erfährt er, dass sich einige Jugendliche kritisch mit dem nationalistischen Denken auseinandersetzen.

Eines Abends wird der Sozialarbeiter Zeuge eines Gesprächs zwischen einigen der Jugendlichen, das darauf hindeutet, dass die Jugendlichen Migranten „klatschen“ wollen. Er teilt den Jugendlichen mit, welchen Eindruck er durch das ungewollt belauschte Gespräch gewonnen hat. Die Jugendlichen bestreiten, dass damit ein Überfall auf MigrantInnen gemeint sei, der Sozialarbeiter habe sich wohl verhört. Anschließend verlassen sie die Räume des Jugendfreizeitheimes. Harald K. hat den Eindruck, dass die Clique ihm nicht die Wahrheit gesagt hat, ist sich selbst jedoch unsicher, was die Clique tatsächlich vorhat. Er überlegt, ob er die Polizei informieren soll. Er weiß jedoch, dass die Einschaltung der Polizei für einen Teil der Jugendlichen große Schwierigkeiten bedeutet und die positive Arbeit mit ihnen damit abbrechen würde.

Soll er die Polizei benachrichtigen? Welche Gründe sprechen dafür und welche dagegen? Wäre er aus berufsethischen Gründen verpflichtet, die Polizei einzuschalten? Ist der Sozialarbeiter durch das Versprechen zum Schweigen verpflichtet und wenn ja in welchen Fällen ist er davon entbunden?

Und ist der Sozialarbeiter überhaupt fähig, ein solches Versprechen abzugeben?

Muss der Sozialarbeiter die positive Entwicklung seiner Klienten in jedem Fall mit in seine Überlegungen einbeziehen?